Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste und wohl bekannteste Form der Demenz. Sie ist bislang nicht heilbar und führt allmählich zum Verlust der Gehirnfunktion und der Fähigkeit, auch einfachste Aufgaben zu bewältigen. Die Erkrankung verläuft in Stufen, allerdings ist der Verlauf individuell unterschiedlich und nicht unbedingt linear. Da ist es nicht überraschend, dass ältere Menschen und deren Angehörige bereits bei leichter Vergesslichkeit anfangen, sich zu sorgen. Aber auch im höheren Alter ist nicht jede Gedächtnislücke automatisch ein Hinweis auf eine beginnende Demenz.
Erste Anzeichen
Eine Alzheimer-Diagnose kann nur der Arzt stellen. Dabei gibt es durchaus Symptome, die man ernst nehmen sollte. Allgemein spricht man von zehn Warnzeichen der Alzheimer-Krankheit:
- Gedächtnisverlust, der das tägliche Leben beeinträchtigt
- Probleme beim Planen und Problemlösen
- Probleme beim Ausführen vertrauter Aufgaben
- Desorientierung bezüglich Ort und Zeit
- Probleme beim Einschätzen optischer Eindrücke
- Wortfindungsprobleme beim Sprechen und Schreiben
- Wiederholtes Verlegen von Dingen
- Schlechtes Urteilsvermögen
- Rückzug
- Stimmungs- und Persönlichkeitsveränderungen
Welche Symptome auftreten und wie schwerwiegend diese sind, ist dabei individuell unterschiedlich. Zusätzlich kommt es darauf an, in welchem Stadium einer Demenz sich Betroffene befinden.
Die 3 bzw. 7 Stufen von Alzheimer
Mediziner sind sich einig, dass es mehrere Alzheimer-Stufen gibt. Für die Einordnung sind zwei Modelle verbreitet, man spricht je nach Modell von drei bzw. sieben Stadien von Demenz.
Das 3-Stufen-Modell
Laut diesem Modell verläuft die Alzheimer-Krankheit generell in drei Stadien der Demenz[1]. Dabei wird davon ausgegangen, dass die einzelnen Alzheimer-Stadien im Durchschnitt etwa drei Jahre andauern.
1. Frühes Stadium – Leichtgradige Demenz
Im frühen Stadium der Alzheimer-Demenz ist die selbstständige Lebensführung nur leicht eingeschränkt. Betroffene benötigen lediglich bei anspruchsvollen Aufgaben Unterstützung.
Das Hauptsymptom ist Vergesslichkeit (Amnesie), vergessen werden z. B. Namen oder Termine.
Während die Krankheit bei verschiedenen Menschen unterschiedlich ausgeprägt ist, kann es zu Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und Problemen bei der Wortfindung kommen. Es treten erste Schwierigkeiten im Alltag und bei der örtlichen und zeitlichen Orientierung auf.
2. Mittleres Stadium – Mittelschwere Demenz
Im mittleren Alzheimer-Stadium ist die selbstständige Lebensführung bereits stark eingeschränkt. Betroffene benötigen nun auch bei einfachen Aufgaben Unterstützung und können sich nicht mehr selbst versorgen.
Zu den Leitsymptomen zählen der Verlust praktischer Fähigkeiten (Apraxie), fehlendes Sprachverständnis (Wernicke-Aphasie) sowie Schwierigkeiten beim Verarbeiten von Sinneseindrücken und beim Treffen von Entscheidungen (Agnosie).
3. Spätes Stadium – Schwere Demenz
Im späten Demenz-Stadium ist eine selbstständige Lebensführung nicht mehr möglich; Betroffene benötigen bei allen Tätigkeiten Unterstützung.
Zu den vorrangigen Symptomen zählen Bettlägerigkeit, mangelnde Anteilnahme, Appetitlosigkeit, Inkontinenz und starke Beeinträchtigung der Sprechfähigkeit.
Das 7-Stufen-Modell
Bei diesem Modell erfolgt eine genauere Einschätzung durch ein vom Arzt durchgeführtes Screening, das auf der sogenannten GDS-Reisberg-Skala basiert. Diese vom renommierten Alzheimer-Forscher Dr. Barry Reisberg entwickelte Skala unterscheidet zwischen sieben Stadien bei Demenz[2]. Sie reichen von einem gesunden Normalzustand bis zur letzten Stufe der Alzheimer-Krankheit.
Stadium 1 – Normale Funktion
Normale Funktionsfähigkeit, es liegt keine kognitive Beeinträchtigung vor.
Stadium 2 – Sehr leicht vermindertes Wahrnehmungsvermögen
Zunehmende Vergesslichkeit stellt sich ein, wobei die Abgrenzung zur normalen Vergesslichkeit auch Fachärzten schwerfällt.
Stadium 3 – Leicht vermindertes Wahrnehmungsvermögen
Hier zeigen sich erstmals Probleme, die von Nahestehenden bemerkt werden. Es können erste Schwierigkeiten mit der Wortfindung auftreten, oder es kann sein, dass Fragen immer wieder gestellt werden. Auch die Konzentration und die Fähigkeit, Neues zu lernen, ist beeinträchtigt. Betroffene können zu depressiven Verstimmungen neigen.
Stadium 4 – Beginnende Demenz
In diesem Stadium kann die Diagnose Alzheimer-Krankheit mit relativer Sicherheit gestellt werden. Nun ist auch für Außenstehende erkennbar, dass hier mehr als normale Alterserscheinungen vorliegen. Betroffene haben immer häufiger Schwierigkeiten mit Alltagsaufgaben wie dem Bezahlen von Rechnungen. Sie vergessen kürzlich Erlebtes oder Teile der eigenen Vergangenheit. Typisch ist eine verflachte emotionale Reaktion, das Verbergen der Defizite (auch vor sich selbst) und zunehmender Rückzug aus dem sozialen Leben.
Stadium 5 – Mittelschwere Demenz
Dieses Stadium entspricht in etwa Stufe 2 des 3-Stufen-Modells. Es ist in der Regel nicht mehr möglich, alleine zu leben und den Alltag zu bewältigen. Betroffene können häufig nicht mehr einschätzen, welche Kleidung dem Wetter angemessen ist. Auch die Orientierung in Raum und Zeit ist reduziert, sodass Betroffene in vielen Fällen beispielsweise nicht mehr wissen, an welchem Ort sie sich aufhalten, wo sie wohnen, welche Jahreszeit bzw. welcher Monat es ist. Oftmals erkennen sie Freunde und Verwandte nicht mehr und es treten große Lücken im Erinnern an das eigene Leben auf. In vielen Fällen werden Wut und Misstrauen an den Tag gelegt. Es erfolgt ein zunehmender Rückzug. Im Schnitt hält diese Phase etwa 18 Monate an.
Stadium 6 – Schwere Demenz
Hier erleben Betroffene Symptome, die mit dem Ende von Stufe 2 des 3-Stufen-Modells gleichzusetzen sind: Sie brauchen auch bei einfachsten alltäglichen Aufgaben wie beim Essen oder An- und Ausziehen Hilfe, erkennen auch enge Angehörige wie Kinder, Geschwister oder Partner nicht mehr, und es kann zu deutlichen Persönlichkeitsveränderungen kommen. Typisch für dieses Stadium sind Misstrauen und Wahnvorstellungen sowie Umherirren und emotionale Veränderungen wie Aggressivität. Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist gestört und Inkontinenz tritt auf.
Stadium 7 - Sehr schwere Demenz
In diesem letzten, fortgeschrittenen Stadium einer Alzheimer-Krankheit ist eine Rundumversorgung erforderlich, da keine alltäglichen Aufgaben mehr alleine bewältigt werden. Erkrankte können meist nicht mehr gehen und können mit der Zeit nicht mehr aufrecht sitzen oder den Kopf hochhalten. Auch die Fähigkeit zu lächeln und zu sprechen geht verloren.
Wie lässt sich Alzheimer diagnostizieren?
Während eine Demenz im späteren Stadium relativ offensichtlich ist, fällt es zu Beginn nicht immer leicht, normale Alterserscheinungen von einer beginnenden Demenz abzugrenzen. Auch handelt es sich nicht bei jeder Demenzerkrankung um eine Alzheimer-Demenz. Zur Differenzialdiagnose dienen medizinische Kognitionstests sowie zunehmend sogenannte Biomarker.
Kognitionstests
Mediziner verwenden eine Reihe von Kurztests[3], um festzustellen, inwieweit jemand an Demenz erkrankt ist. Diese können auch Hinweise darauf liefern, welche Art von Demenz vorliegt und werden zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs eingesetzt. Die Tests müssen von Fachärzten durchgeführt und in Verbindung mit ärztlichen Gesprächen und Untersuchungen ausgewertet werden, um andere Ursachen von Symptomen wie körperliche oder psychiatrische Grunderkrankungen oder Medikamente auszuschließen. Zu den verbreiteten Tests zählen der „Uhrentest“, der „MoCa“ (Montreal Cognitive Assessment), der „DemTect“ (Dementia Detection Test) und der „Mini Mental Status Test“ (MMST).
Uhrentest
Bei diesem einfachen Test müssen Patienten das Zifferblatt einer Uhr zeichnen und darauf eine Uhrzeit eintragen. Bei der Beurteilung wird nicht nur auf die Korrektheit der Zeichnung, sondern auch auf Zögern oder Korrekturbedarf geachtet.
DemTect
Bei diesem fünfteiligen Kurztest werden Aufmerksamkeit, Erinnerungsvermögen und Wortschatz geprüft. Nach dem Merken einer Reihe von Wörtern müssen Zahlen in Zahlwörter verwandelt werden. Darauf folgt die sogenannte „Supermarktaufgabe“, bei der möglichst viele Dinge aufgeführt werden sollen, die man im Supermarkt kaufen kann. Schließlich gilt es, Zahlenreihen rückwärts nachzusprechen, und zuletzt wird die im ersten Teil vorgelesene Wortliste erneut abgefragt.
MoCa
Dieser etwa 10-minütige Test ist besonders gut geeignet, um eine Demenz im Frühstadium zu erkennen. 30 Fragen prüfen unter anderem Sprache, Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit, Verhalten, Rechnen, Orientierung, Mustererkennung, Wortflüssigkeit und Zusammenhangs-Denken. Es können bis zu 30 Punkte erreicht werden. Bei einem Wert unter 26 Punkten geht man von mindestens einer leichten, bei einem Wert unter 6 Punkten von einer schweren kognitiven Beeinträchtigung aus.
MMST
Dieser Test hilft Medizinern, zwischen Depression, Demenz und altersbedingter Vergesslichkeit zu unterscheiden. Patienten werden im Rahmen eines strukturierten Gesprächs festgelegte Aufgaben gestellt:
- 10 Fragen zur Orientierung in Raum und Zeit
- Übung zur Merkfähigkeit mit 3 Begriffen
- 5 einfache Rechenaufgaben
- Erneutes Abfragen der 3 Begriffe aus dem Test zur Merkfähigkeit
- Sprachtest mit Handlungsaufgaben
Für jede richtige Antwort wird ein Punkt vergeben; maximal 30 Punkte sind erreichbar. Bei 20-27 Punkten geht man von einer leichten kognitiven Beeinträchtigung aus, bei unter 20 Punkten von einer mittelschweren und bei weniger als 10 Punkten von einer schweren Demenz aus. Falls der MMST auf eine Demenz schließen lässt, werden weitere Untersuchungen zur Abklärung durchgeführt, wie z. B. eine MRT (Magnetresonanztomografie), CT (Computertomografie) oder PET (Positronen-Emissions-Tomografie). Diese geben Aufschluss über eventuell sichtbare Veränderungen im Gehirn.
Biomarker
Objektiv messbare biologische Merkmale wie z. B. Laborwerte, die Informationen über normale bzw. krankhafte Prozesse im Körper liefern, bezeichnet man als Biomarker. Bei der Alzheimer-Forschung wurden diesbezüglich in den letzten Jahren große Fortschritte verzeichnet. Bestimmte Proteine in der Rückenmarksflüssigkeit („Liquor“) bzw. im Blut können Hinweise für die korrekte Diagnose liefern[4].
Liquor
Zur Auswertung der Biomarker in der Rückenmarksflüssigkeit ist eine Lumbalpunktion (Rückenmarkspunktion) im Bereich der Lendenwirbel (L3/L4 bzw. L4/L5) notwendig. Die wichtigsten Biomarker für die Diagnose sind β-Amyloid, das Rückschlüsse auf sogenannte Amyloid-Plaques im Gehirn zulässt, sowie phosphoryliertes und Gesamt-Tau (pTau bzw. tTau). Letztere Werte weisen gegebenenfalls auf das Ausmaß der Nervenzelldegeneration hin.
Blut
Diese Biomarker sind auch im Blutplasma vorhanden. Spätestens seit der Veröffentlichung neuer Forschungsergebnisse im Juli 2024[5] ist klar, dass Tests wie der (bisher noch nicht zugelassene) PrecivityAD2-Test („APS2“), der Alzheimer in der Studie mit 90%iger Genauigkeit nachwies, künftig ein zuverlässiges Hilfsmittel für die Diagnose sein könnten.
Abklären statt Spekulieren
In Anbetracht des schweren Krankheitsverlaufs ist die Angst vor Alzheimer nur allzu verständlich. Statt sich bei Vergesslichkeit zu sorgen, ist es jedoch sinnvoll, etwaige Symptome ärztlich abklären zu lassen. Denn obwohl die Alzheimer-Krankheit derzeit noch nicht heilbar ist, kann eine gute Versorgung in Verbindung mit verschiedenen medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapieansätzen den Verlauf verlangsamen und Symptome reduzieren. Gerade im Bereich Alzheimer wird darüber hinaus intensiv geforscht . Unabhängig davon hilft eine frühzeitige Diagnose Betroffenen und ihren Angehörigen, Zugang zu Hilfsangeboten zu erhalten und rechtzeitig vorauszuplanen.
Referenzen
- Der Verlauf der Alzheimer-Erkrankung. Cited 2024; Available from: https://www.alzheimer-selbsthilfe.at/was-ist-demenz/der-verlauf-der-alzheimer-erkrankung].
- Demenz Stadien. Cited 2024; Available from: https://www.alzheimer-deutschland.de/ueber-alzheimer-demenz/demenz-stadien].
- Diagnostik von Alzheimer und anderer Demenzerkrankungen:
Medizinische Demenz-Tests zur Diagnose. Cited 2024; Available from: https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/diagnose/psychometrische-tests]. - Hunter, T.R., et al., Alzheimer's disease biomarkers and their current use in clinical research and practice. Mol Psychiatry, 2024.
- Barthelemy, N.R., et al., Highly accurate blood test for Alzheimer's disease is similar or superior to clinical cerebrospinal fluid tests. Nat Med, 2024. 30(4): p. 1085-1095.